Werner Koglers Rat an die SPÖ

Sozialdemokratie muss „rudern statt sudern“

[strategic framing]
[Overton-Fenster]
[Inhalt]
[SPÖ]
[Grüne]
[linke Erzählung]
[Nationalratswahl 2019]

Es sind wenige Sätze, die die Situation der SPÖ nach der vergangenen Nationalratswahl beschreiben:

Erstens: „Es waren die richtigen Themen, die wir gesetzt haben, weil sie die Antworten auf die Probleme der Menschen sind. Und es werden auch weiterhin die richtigen Themen sein.“

„Wir werden diesen Weg der Menschlichkeit (…) weitergehen – für die Österreicherinnen und Österreicher, für alle, die in diesem wunderschönen Land leben.“ Das twittert SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Wahlabend.

Zweitens: „Rudern statt sudern!“, Werner Koglers Motto nach dem Rauswurf aus dem Parlament und nach seiner Wahl zum Grünen Bundessprecher.

Drittens: „Nicht viele Menschen wissen, wofür die Sozialdemokratie überhaupt steht.“ (Gerhard Zeiler im ORF-Runden Tisch nach der Wahl.

Zusammenfassung:

Die SPÖ hat in den letzten Wochen (endlich wieder) auf ein definitiv linkes Profil gesetzt: Mieten runter, Löhne rauf, Jobs, von denen man leben kann.

Pamela Rendi-Wagner hat bewusst und offensiv [miteinander], [gemeinsam] und [stark] verknüpft. Das sind die Bausteine der sozialdemokratischen Zukunft.

Jetzt ist es Zeit, diese Begriffe zu einer gesamthaften Erzählung zu verknüpfen. Und diese Erzählung konsequent nach außen zu tragen. Den öffentlichen Diskurs zu suchen. Den öffentlichen Diskurs zu verändern, das Overton-Fenster zu verschieben.

Overton Fenster

Rudern eben. Mühsam im gemeinsame Inhalte und Positionen ringen. Ausverhandeln, was die Sozialdemokratie ausmacht. Die Grünen haben diesen Prozess in den vergangenen anderthalb Jahren aufgenommen. Sie sind nicht fertig, aber schon recht weit fortgeschritten.

Ebenfalls wichtig, aber erst dahinter, stellen sich all die strategischen Fragen, die gerade mit solcher Begeisterung debattiert werden. Minderheitsregierung dulden? Mehr Frauen? Verjüngung? Mehr Kompetenzen für die Chefin? Alles wichtig. Aber ohne nachvollziehbare und konsequent nach außen getragene Erzählung von einem sozialdemokratischen Österreich kann die SPÖ damit nur eine leere Hülle aufbauen. Und leere Hüllen sind extrem fragil…

Doch noch ein stragegisches PS: Mittelfristig bringts recht wenig, wenn sich Grün und Rot wechselweise die WählerInnen abspenstig machen. So wirds nie was mit der linken Mehrheit…

Framing in sogenannten Wahlkampf-Zeiten

…und was ist Highlander-Framing?
Der Framing-Podcast „Denk nicht an einen Elefanten“ zum Nachlesen

Was es alles nicht gibt

  • Es gibt keinen Wahlkampf
  • Es gibt kein Ibiza-Video
  • Es gibt kein „es gibt keine Inhalte“

Was es gibt:

  • Ende Mai spricht der österreichische Nationalrat der Regierung das Misstrauen aus. Der gesamten türkis-blauen Regierung von Sebastian Kurz, Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer.
  • Hintergrund: Ein tiefer Einblick in die Geistesverfassung zweier Spitzenpolitiker, voller Gier und Machtrausch.
  • Am 29. September 2019 wählen wir einen neuen Nationalrat. Und entscheiden damit über eine neue Bundesregierung.
  • Jetzt – in den Wochen vor der Wahl – ist die Zeit, in der Parteien besonders laut auf sich aufmerksam machen.

Was soll die Haarspalterei? Freilich gibt es Wahlkampf. Schließlich müssen wir ja mehr Stimmen bekommen. Den anderen Parteien widersprechen. Und überhaupt. Und Geschenke gibt es im Oktober auch keine mehr.

Frames hide and highlight
Frames betonen bestimmte Aspekte eines Themas und blenden dafür andere aus. Der Fokus auf [Wahlkampf] lässt Parteien offenbar vergessen, dass es ihr verdammter Job ist, „den Menschen“ die Welt zu erklären. Und zwar 24/7. Jede politische Maßnahmen braucht ihren Rahmen, ihre Einordnung, ihren Platz in der politischen Erzählung der jeweiligen Partei.

Siehe ÖVP: Auch wenn die [Balkanroute] heuer kein explizites Thema ist, schafft es Kurz in wenigen Sätzen seine Geschichte unterzubringen: illegale Migration, Österreich als attraktiv für Flüchtlinge, chaotische Zustände wie 2015 drohen, MigrantInnen sind nicht alphabetisiert, 60.000 Kinder in Wien, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Inhaltlich ist das alles sehr fragwürdig. Und darum braucht es ein entsprechendes Framing, um diese Inhalte einzuordnen. Die ÖVP liefert dieses Framing.

Andere Parteien, vor allem SPÖ und NEOS, schauen dabei zu. Ihnen fehlt diese belastbare Erzählung.

Die SPÖ versucht sich vor der Nationalratswahl an linken Überschriften.
Mieten müssen runter, Löhne rauf, Menschen brauchen Jobs, von denen sie leben können. Pamela Rendi-Wagner verknüpft bewusst und offensiv [miteinander], [gemeinsam] und [stark]. Das sind wichtige Bausteine. Aber niemand hat sie zu einer gesamthaften Erzählung verknüpft. Oder es gibt diese Erzählung und sie ist bloß noch nicht in der Partei angekommen.

Die Grünen sind mehrere Schritte weiter.
Alles ist Klima in diesen Wochen. Selbst in Debatten über das Bundesheer stellt Werner Kogler den Bezug zu seinem Thema her: Wenn das Heeresbudget auf 1 Prozent steigern soll, dann will ich dasselbe beim Klimaschutz sehen. [Bundesheer] = [Sicherheit], [Klimaschutz] = [Sicherheit]. So kann Framing funktionieren. Wenn sich die Grünen noch das Moralisieren behalten, wäre das der nächste Schritt zum Erfolg. [Richtiges Handeln] belohnen und [falsches Handeln] bestrafen, ist ein Versuch, die CO2-Steuer zu framen, aber wer will sich schon sagen lassen, das eigene Handeln wäre falsch und schädlich. Funktioniert als Selbst-Identifikation der eigenen Klientel. Neue UnterstützerInnen gewinnt man so nicht leicht.

Noch einmal zum „Ibiza-Video“:
In einer TV-Debatte wird NEOS-Chefin Meinl-Reisinger nach einem Untersuchungsausschuss zum „Ibiza-Video“ gefragt. Einfach so, ohne Einordnung. Sie antwortet. Einfach so, ohne Einordnung. Meinl-Reisinger geht wahrscheinlich davon aus, dass das Fernsehpublikum ihre Kritik kennt und ihre Meinung teilt. Sie nimmt wohl an, dass sie nichts mehr zu erklären braucht. Ibiza als Chiffre. No words needed. Irrtum. Sebastian Kurz hat damit leichtes Spiel: Er tänzelt über ein paar Phrasen hinweg und erklärt dann selbstsicher: „Ich bin irrsinnig interessiert daran, wer hinter dem Ibiza-Video steckt.“ Geschafft. Fokus verschoben. Nicht der politische Skandal ist das Thema, sondern das angenommene illegale Zustandekommen.

Meinl-Reisinger hat es versäumt, den Skandal entsprechend zu framen:

  • Die Krise rührt daher, dass Sebastian Kurz eine Koalition mit einem Strache und einem Gudenus geschlossen hat.
  • Die Krise rührt daher, dass offenbar FPÖ-Spitzen glauben (mit Duldung des ÖVP-Obmanns), dass die Republik ihnen gehört und sie sich bereichern können. Ohne Scham und Genierer.
  • Dieses erbärmliche Verhalten hat die Krise ausgelöst.
  • Dass jemand darüber ein Video gedreht hat, ist Nebensache.

[Wahlkampf] ist keine [eigene Entität], kein [Lebewesen], dass alle paar Jahre aus einer Art Winterschlaf auftaucht. Genausowenig ist [Politik] [Kampf] oder gar [Duell]
Ausführlicher besprechen wir das alles in der aktuellen Folge unseres Podcasts Denk nicht an einen Elefanten
Hören Sie sich den Podcast an, widersprechen Sie, diskutieren Sie mit uns. Und abonnieren Sie uns. Danke.

Ökostrom-Novelle: Politische Kommunikation ohne Netz

[Ökostrom]
[SPÖ]
[Bundesrat]
[Networking]

22 Aussendungen sind heute (Stand 17 Uhr) zur parlamentarischen causa prima über den OTS-Verteiler der Austria Presse Agentur gegangen.

Der häufigste Dreh der Verlierer der Ökostrom-Entscheidung: Die SPÖ verhindere, blockiere, gefährde.

Stolze 11 Aussendungen greifen die SPÖ bereits im Titel an: „SPÖ 5-Punkte-Plan ist eine Farce“, „SPÖ-Blockade der Ökostrom-Novelle ist verantwortungslos“ oder „SPÖ ist Totengräber der Biomasseförderung“. Die AussenderInnen reichen von „Land&Forst Betriebe Österreich“ über den Bauernbund bis zu ÖVP-Bundesparteileitung.

Keine einzige OTS, nicht einmal eine der SPÖ, feiert das Abstimmungsergebnis – am ehesten noch der stv Klubobmann Jörg Leichtfried: „Ökostrom – Leichtfried: Weg frei für gute Ökostrom-Lösung“. Für ein Neuverhandeln des Gesetzes ist der „Parlamentsklub JETZT: Regierung soll an den Verhandlungstisch zurückkehren“ oder „Sima/Taucher: Ökostromgesetz jetzt neu verhandeln!“

Gemeinsame Schlüsselworte? Gemeinsames Framing? Nicht zu erkennen.
OTS von PartnerInnen aus dem Bereich der Umweltorganisationen oder der Energieverbände fehlen völlig.

Fazit: Bei einem enorm wichtigen Anlass, beim ersten Mal, dass der Bundesrat echte Macht demonstriert, bei einer der wenigen Chancen für die SPÖ, klar zu zeigen wofür man steht, klappen Networking und Themensetzung nicht. Traurig.

Das linke Heimatdilemma

[Heimat]
[Alternativ]
[SPÖ]
[Ludwig]

Selbst der dunkelroteste Kommunist wohnt irgendwo. Hat ein Zuhause, ein Heim. Der Begriff [Heimat] gilt trotzdem als konservativ. Kirche, Lederhosen, Blut und Boden, Kleinstadtcharme, Mutter-Vater-Kind.

DHeimat Kaunertalas hat die Van der Bellen-Kampagne zu ändern versucht. „Heimat braucht Zusammenhalt“, „An Österreich glauben“.
Astrid Rössler hat in Salzburg dasselbe versucht. „Heimat beschützen“, „mehr Zusammenhalt und Menschlichkeit“. „Das linke Heimatdilemma“ weiterlesen