Warum man „Heimatvertriebene“ sagen sollte

Der Framing-Podcast „Denk nicht an einen Elefanten“ zum Nachlesen

Das Virus dominiert gerade die Schlagzeilen. Für die aktuelle Folge des Framing-Podcasts “Denk nicht an einen Elefanten” haben wir uns trotzdem entschieden, nicht über Corona zu reden. Uns war die aktuelle Situation an der türkisch-griechischen Grenze wichtiger. Die humanitäre Katastrophe im Gefolge der Syrienkrise. An eben dieser Grenze und auf griechischen Inseln stecken zigtausende Menschen fest. Und die europäische Politik lässt sie im Stich.

“Wir dürfen 2015 nicht wiederholen”, erklären mir ÖVP-MinisterInnen und der Bundeskanzler. Es seien noch nicht einmal alle von damals fertig integriert. Nachdem wir hier Framing-Fragen verhandeln, gehe ich nicht auf die inhaltlichen Schwächen ein. Sondern ich habe eine Bitte: Vergessen wir niemals, dass wir hier mit [Menschen] zu tun haben. Mit Eltern, Töchtern, Großvätern. Und reden wir auch über Menschen.

Kurz Tweet FluchtInnenminister Nehammer versucht nun im Verbund mit Sebastian Kurz etwas Neues, er redet von “irregulären MigrantInnen”. Damit macht er zweierlei: Einerseits vermischt er Asyl, Flucht und Migration, er macht daraus eines. Er nimmt den betroffenen Menschen die Berechtigung, um ihr Leben zu laufen und stellt sie auf eine Stufe mit deutschen Studierenden in Graz. Andererseits stempelt er diese Menschen als “irregulär”, als ob es in einer lebensbedrohlichen Situation, die mich aus meiner Heimat vertreibt, jemals etwas “Reguläres” geben könnte. Als ob es ein Regelverstoß wäre, um das eigene Leben zu laufen.

Diese “irregulären MigrantInnen” sind gleichzeitig Auslöser einer “[Flüchtlingskrise]” . Krise? Ich sehe eine Krise der Menschlichkeit, eine Ehrlichkeitskrise, eine Konfliktlösungskrise. Nennen wir sie beim Namen.

Flucht ist keine Katastrophe!

Das politische und mediale Framing ist von Naturkatastrophen dominiert: „Flüchtlingsstrom“, „-welle“, -“katastrophe”. Die Kognitionswissenschafterin Elisabeth Wehling dazu: „Flüchtlinge werden als Wassermassen dargestellt, sie werden entmenschlicht. Es geht um Wasser als Naturgewalt, um reißende Flüsse, die auf Land treffen. Die Ursache des Flüchtlingsstroms wird dabei völlig ausgeblendet. Und die vermeintliche Lösung liegt darin, Dämme zu bauen, die Flut sozusagen zurückzuhalten.“

Auf der Flucht – oder Heimatvertrieben?

Ich rede lieber über [Heimatvertriebene]. Wer vertrieben wird, ist zum Gehen gezwungen. Wer flüchtet, ist sprachlich gesehen aktiv, hat also eine Wahl. Außerdem tun sich konservative PolitikerInnen schwer, gegen Heimatvertriebene aufzutreten. Zu sehr schwingt da die Vertreibung Deutschsprachiger (Sudetendeutscher) nach dem 2. Weltkrieg mit.

Zweites Thema des Podcasts: Temposchutz? Schutztempo.

Generell halte ich eine Debatte über andere Namen für [Tempolimits] für entbehrlich. Erstens weil außer Frage steht, dass wir eine „verträgliche Menge an Stundenkilometern“ einzuhalten haben. Um uns selbst und andere Menschen im öffentlichen Raum zu schützen. Zweitens, weil wir dadurch den Fokus einmal mehr, einmal zu oft auf die Rolle des PKW in der Mobilität richten. Als gäbe es keine wichtigeren Fragen. Funktionen des öffentlichen Raums. Platz für zu Fuß gehende Menschen. Das sind wichtige Themen. Der PKW möge sich hinten anstellen.

Tempolimits? Geschwindigkeitsbeschränkungen? Weniger schnell? Langsamer?

Ausgangspunkt war der Begriff [Temposchutz]. Ich bin skeptisch. Schon beim [Klimaschutz] hatten wir die Debatte: Wen willst du schützen? Das Klima? Oder doch lieber den Menschen? Will der Planet überhaupt gerettet werden, bloß weil wir Menschen keinen Planet B zur Verfügung haben? Eigentlich geht es doch um [Menschenschutz], um unsere Chancen auf eine lebenswerte Umwelt. Mehr dazu gibt es hier.

Das Ziel: Das gesuchte Framing soll positive Bilder erzeugen. Sicheres Autofahren, angemessenes Autofahren bedeutet Schutz des Lebens, Schutz vor Schaden, bedeutet Schutz vor Menschen, die schneller Auto fahren als gut ist für andere.

Gleichzeitig sind die Begriffe [Tempo], [Schnelligkeit], [Geschwindigkeit] tendenziell positiv. Kürzer unterwegs sein, rascher ankommen, wer hat da etwas dagegen?

Mein spontaner Vorschlag: Aus Temposchutz wird [Schutztempo]. Wird [Sicherheitsgeschwindigkeit]. Der Satz „Hier gilt ein Schutztempo von 30 km/h“ gefällt mir. „Bitte halten sie sich an die vereinbarte Sicherheitsgeschwindigkeit!“ Damit betonen wir den Schutzgedanken. Wir nehmen niemandem sprachlich seine/ihre empfundene Freiheit.

Ausführlicher besprechen wir das alles in der aktuellen Folge unseres Podcasts „Denk nicht an einen Elefanten“
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