Lassen wir uns das Recht auf eine eigene Meinung nicht nehmen!
[Demonstrationsrecht]
[Demozonen]
[Meinungsfreiheit]
[Sobotka]
Wolfgang Sobotka ist ein gerissener Fuchs Niederösterreichischer Schule. Er weiß: Will ich politisch etwas erreichen, werfe ich der Meute einen Erreger hin, in den sie sich verbeißt. Die eigentliche Änderung geht dann unbemerkt durch.
Der Polizeiminister will weniger Kundgebungen, Erleichterungen für seine BeamtInnen, bessere Planbarkeit und kaum mehr Möglichkeiten für spontane Demonstrationen. Die persönliche Haftung eines einzelnen Menschen soll abschrecken. Und wenn Sobotka seinen Freunden aus dem Wirtschaftsbund (er selbst kommt aus dem ÖAAB) und aus der Wiener Landesgruppe einen Gefallen tun kann, dann packt er auch noch den Ärger mancher Wirtschaftstreibender hinein: Er fordert eine räumliche Einschränkung des Demonstrationsrechts und nennt sie Demozone.
Gehen wir Sobotka nicht auf den Leim!
Sobotkas Kurzfassung (seiner eigenen facebook-Seite entnommen): “Ich rege eine Neuerung des Versammlungsgesetzes an. So sollen beispielsweise künftig Demonstrationen untersagt werden können, wenn berechtigte Interessen anderer verletzt sind.”
Und wir machen ihm die Freunde, brav zu reagieren:
Beispiel 1: “Für Attac ist der aktuelle Vorschlag Sobotkas ein weiterer Versuch Grundrechte einzuschränken. Dazu zählen auch die Notverordnung zur Aufhebung des Asylrechts (-> bedient den Frame [Asyl/Asylanten] verursachen [Not]), (…) Fußfesseln für Gefährder (-> es ist nach wie vor unklar, was der Begriff umfassen soll, aber Attac benutzt ihn und gibt damit dem Minster frame-semantisch recht. Er muss ja [Gefahren] durch [DemonstrantInnen] abwenden) oder die von Vorgängerin Johanna Mikl-Leitner diskutierte Möglichkeit den Ausnahmezustand verhängen zu können.
Beispiel 2: “GRAS-Linz-Aktivistin* Martina Kofler. ‘Gerade die Proteste zum heutigen ‘Akademikerball‘ der FPÖ werden seit Jahren delegitimiert und kriminalisiert, während sich Rechtsextreme unbehelligt in der Hofburg vernetzen. Das ist der eigentliche Skandal.’ (-> Nachdem wir alle die Bilder von den gewaltsamen Ausschreitungen aus 2014 im Kopf haben, unterstützt die GRAS durch die Verknüpfung mit dem Akademikerball den Bedrohungs-Frame des Ministers)
Beispiel 3: „Versammlungs- und Demonstrationsrechte wurden von früheren Generationen hart erkämpft und dürfen jetzt nicht zum Spielball eines ÖVP-Innenministers werden”, meint Greenpeace-Geschäftsführer Egit. Greenpeace geht an sich recht konkret auf kritikwürdige Punkte ein. Die beeindruckende Häufung von Worten wie [Schaden/Schäden], [Hooligans], [Risiko] oder [gewaltbereit] stärken aber ebenfalls den Minister.
Das Negieren eines Frames stärkt den Frame selbst!
Und – Beispiel 4: Sogar Ö1 diskutiert nicht die zahllosen friedlichen Meinungsäußerungen sondern vor allem die wenigen Demonstrationen, bei denen es zu Auschreitungen gekommen ist.
Was will Sobotka eigentlich?
In einer traditionellen konservativen Weltsicht – und die hat Wolfgang Sobotka bestimmt verinnerlicht – sagt einer, wo’s lang geht. Der Vater, der Chef, der Landeshauptmann, der Minister. Der weiß, was gut für uns ist.
Insoferne sind Demonstrationen nichts, was zu begrüßen oder sogar zu fördern ist. JedeR DemonstrantIn widerspricht der Entscheidung des metaphorischen Vaters. Wer sich gegen die Entscheidung der legitimen Autorität stellt, wer anderer Meinung ist, setzt sich ins Unrecht.
Also versucht Sobotka hier, die Dinge wieder ein wenig ins Lot zu bringen: Es soll wieder mehr Entscheidung einer Behörde sein, einer Autorität, wann, wo und wogegen protestiert werden darf. Und wir gehen seinem Framing auf den Leim.